Dunkelheit – Die Odyssee von Marl Xark, Teil 3

Als Marl Xark wieder zu Bewusstsein kam, war es noch stiller als beim Mal zuvor. Und sehr dunkel. Was ihm aber vor allem anderen Angst machte, war die völlige Stille. Skaven leben auf engstem Raum zusammen und sind von kleinauf daran gewöhnt ständig die Lebenslaute ihre Artgenossen zu hören. Stille bedeutete, dass er alleine war und das war kein gutes Zeichen. Eine ganze Weile hatte er Zweifel, ob er überhaupt wieder bei bewusst sein war, auch weil es die angenehmere Option war. Aber langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit und von irgendwoher drang ein leichter Schimmer und er musste sich eingestehen, dass er bei Bewusstsein war.

Er bewegte seine Arme und Beine und merkte sofort, dass er seine Rüstung und Waffen verloren oder abgenommen bekommen hatte. Sein Körper schmerzte an vielen Stellen, aber er schien keine Knochenbrüche zu haben – ein Wunder, wenn er an der Letzte dachte, woran er sich erinnern konnte: Eine Schlacht und er zwischen Baumdingen und seltsamen Golddingen, die er nie zuvor gesehen hatte. Er stand auf und tastete sich vorsichtig in Richtung des schwachen Lichts, nur um zu einem kleinen Gitter zu gelangen. Hinter dem Gitter lag eine Art Gang, in dem irgendwo in weiter Ferne eine Lichtquelle sein musste, er tastete am Gitter entlang und bestätigte so seinen Verdacht: Er stand vor eine Tür einer Gefängnisszelle, und er war _in_ der Zelle. Er war gefangen.

Für Skaven ist das kein seltenes Schicksal und es beruhigt Marl sogar auf gewissen Weise, denn Gefangenschaft kannte er – wenn auch bisher nicht als Gefangener – und es bedeutete, dass jemand seine Wert erkannt hatte und schätze. Sonst läge er jetzt tot zwischen den Baumdingen, die er in der Schlacht verbrannt hatte. Sein Selbstbewusstsein erwachte ebenfalls wieder. Endlich hatte jemand sein Talent und sein wahres Genie erkannt. Dies war der Anfang von etwas ganz Grossem, von seiner goldenen Zukunft, da war sich Marl ganz sicher. Dann fiel sein Blick wieder auf das Gitter und er bemerkte, dass es golden Glänzte und so sauber verarbeitet war, wie es sonst nur die Bartdinge vermögen, aber es war schlichter und stärker. Die war kein Skavengefängniss. Die Baumdinge nahmen keine Gefangenen, das wusste Marl, also blieben nur die seltsamen Golddinge.

Während er noch versuchte sich an das wenige zu erinnern, das er von der Ankunft der Golddinge in der Schlacht mitbekommen hatte, nahm er einen vertrauten Geruch wahr. Eine Ratte nähert sich aus der Dunkelheit. Er konnte sie nicht sehen und auch nicht hören, aber er roch sie ganz deutlich. Und sie roch nicht nach furcht, sondern nach Neugier. Diese Ratte war hier nicht neu, sie kannte sich aus, fühlte sich sicher. Dann glänzten ihre Augen ganz schwach in der Dunkelheit auf, kaum einen Meter von ihm entfernt. Erst jetzt bemerkte er, dass er gar keinen Hunger hatte. Wer auch immer seine Wärter waren, sie hatten ihn irgendwie gefüttert und so betrachtete er die Ratte mit Neugier und nicht – wie es sonst gewesen wäre – mit Appetit.

Die Ratte schaute sich ein wenig um, kam dann noch etwas näher und inspizierte ihn. Marl war zwar noch jung und hatte bisher kaum Kontakt zu Mitglieder eines Moulder-Clans gehabt, des Züchterclans, der berühmt für seine mehr oder weniger zahmen Bestien war …  aber er erkannte eine zahme Ratte, wenn er sie vor sich sah und im schwachen Licht meinte er sogar eine Rune in ihrem Fell auszumachen. Es gab Skaven hier irgendwo. Hoffnung! Er durchfühlte seine Kleidung, ob er irgendetwas bei sich hatte, das er der Ratte anbieten konnte, aber er trug kaum mehr als einen Leinensack. Dann blicke er sich weiter in seine Zelle um und tatsächlich stand neben der Tür etwas. Er ging vorsichtig hin und die Ratte blieb derzweil ganz gelassen, liess ihn aber nicht aus den Augen. Eine Eimer mit Wasser stand dort und eine Schale mit etwas trockenem, was Brot hätte sein können. Er nahm beides, wendet sich vorsichtig der Ratte zu und bot es ihr an. Dann ging er eine halben Schritt zurück und setzte sich auf den Boden.

Die Ratte trank etwas und knabberte kurz an dem Brot. Dann hielt sie inne und Blickte auf, witterte und in dem Moment hörte auch Marl etwas und blickte zu Tür von woher das Geräusch kam: Schwere Schritt, noch weit entfernt, aber immer lauter werdend. Jemand näherte sich, kein Skaven, grösser, schwerer, plumper. Marls Selbstbewusstsein hatte sich bereits verkrochen und als er zu Becher und Teller blickte, war auch die Ratte fort. Er war wieder alleine und schob sich instinktiv in die Ecke der Zelle, die am weitesten von der Tür entfernt war. Die Schritte wurden lauter, er konnte das klapper schwerer, bestens verarbeiteter Rüstung erkennen – er war ein Warlock-Engineer und kannte sich mit Metallverarbeitung aus. Da erinnerte er sich daran, das er aus irgendeinem guten Grund noch lebte und richtetet sich etwas auf.

Mehr Licht fiel durch das Gitter der Tür, eine Fackel näherte sich, dann wurde die Tür geöffnet und ein in goldene und weisse Rüstung gehüllter riesiges Menschding stand in der Tür, die blendend helle Fackel lies ihn so erstrahlen wie eine Sonne. Marl Xark wurde ganz ruhig. Der Anblick hatte etwas in ihm berührt, verändert. In den nächsten Wochen nannte er das, was in diesem Moment geschehen war bei sich selbst nur „Erleuchtdings“. Viele Monate später, als er die Sprache jender Halbgötter in Gold gelernt hatte und ihre Form, ihren Stil und viele ihre Begriffe und Wendungen in die Sprache der Skaven übernommen hatte, sprach er stets nur noch von „Erleuchtung“ wenn er darüber zu den anderen Skaven in Azyrheim predigte …


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert